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Markus Enderle

Andacht Supermaxi – Donnerstag, 12. August 1999

In einem asiatischen Land waren einige Geschäftsleute in höchster Eile unterwegs. Sie wollten den Zug in die Hauptstadt noch erreichen. So rannten sie in das offene Bahnhofsgelände und zwängten sich durch die Menschenmenge. Dabei trat einer von ihnen versehentlich gegen einen kleinen Orangenberg, den ein blinder Junge dort aufgetürmt und zum Verkauf angeboten hatte. Nun rollten die Orangen in allen Richtungen auseinander. Ein Mißgeschick, wer wollte sich daran aufhalten? Einer der Kaufleute war Christ. Er hatte aus den Augenwinkeln beobachtet, was passiert war. Und als er nun aus dem Zugfenster dem Jungen zusah, wie dieser den Boden abtastete, um seine Orangen wiederzufinden, da sprang er aus dem anfahrenden Zug, sammelte die verstreut liegenden Früchte ein und setzte sie zurück auf den Haufen. – Und da fragte ihn der Junge leise und bewegt: „Are you Jesus?" – Bist du Jesus?

Wie gerne würde ich so eine Frage einmal hören? Ganz ernst gemeint natürlich. Bist Du Jesus? Wie würde ich mich da fühlen – wie würdet Ihr Euch da fühlen? Ist das dann nicht endlich einmal eine Bestätigung, den Glauben wirklich gelebt zu haben? Nicht nur davon zu reden und das meist eh nur im Kreise von Mitchristen – nein – es durch sein Verhalten zeigen zu können. Das würde doch richtig aufbauen. Und wer wird nicht gerne aufgebaut, wer wird nicht gerne bestätigt in dem was er oder sie sagt oder tut.

Aber Bestätigung im Glauben, das gehört bei mir eher zu: Wunsch und Wirklichkeit? Traum und Realität? Da liegen oft, wenn nicht immer, Welten dazwischen. Wie gerne wäre ich ein Glaubensheld, der sein Leben mit Gott lebt und damit im Griff hat, der nicht einmal alles richtig macht, aber zumindest nicht mehr an sich selbst verzweifelt, an der Komplexität seiner Gedanken. Zu hohe Ansprüche oder einfach Ungeduld? Nach 9 oder 10 Jahren Christ sollte ich es doch langsam auf die Reihe bekommen – denkste. Das ist wieder einmal mein total menschliches Denkschema: dieses Zeitfenster geht auf, wenn Gott es für richtig hält, nicht wenn ich meine: jetzt ist es soweit.

Aber gehen wir zurück zur Geschichte, aus meinem Denkknäuel im Kopf kommen keine roten Fäden raus – scheinbar ist da zur Zeit eine Art Schredder vorgeschaltet.

Was hat der Mann gemacht? He, er hat niemandem mit einem Laserschwert gerettet oder hunderte Leben durch sein heroisches Auftreten vor dem sicheren Tod bewahrt. Das sind vielleicht die Vorstellungen, die wir von einem Helden haben!

Dieser Mann springt von einem langsam anfahrenden Zug ab, sammelt Orangen auf und baut den Haufen wieder auf. Wie viele Leute haben das überhaupt beobachtet? Das war in Asien – dort gehen die Leute einfach ihren Geschäften nach, da drängen sich die Leute durch den überfüllten Bahnhof – wen interessiert schon ein Mann, der Orangen aufsammelt? Also – diese Tat war sicher keine Heldentat – doch erwartet das Gott überhaupt von uns? Wohl kaum, sonst warten manche Menschen vielleicht ihr ganzes Leben auf die Chance ein Held zu sein und sterben dummerweise vorher. Das kann‘s nicht sein.

Auch mein Motto muß ich über Bord werfen: „Man ist nur dann ein Superheld, wenn man sich selbst für super hält." Anstatt zu viel nachzudenken – auch das soll es geben – sollte ich mir ab und zu einfach mal die Bibel schnappen. Da brauche ich nicht denken, sondern nur lesen: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan." Ganz unspektakulär, etwas mit dem man nicht auffällt oder hier auf der Welt groß dabei raus kommt – nichts dergleichen. Jesus sieht mit anderen Augen.

Axel Kühner, der u. a. auch die „Überlebensgeschichten", also ein Andachtenbuch geschrieben hat, faßt das ganz kompakt zusammen:

„Die schwersten Werke sind die, die niemand sieht und keiner bewundert. Die schmerzlichsten Leiden sind die, um die niemand weiß und um die uns keiner bemitleidet. Die echtesten Gebete sind die, die ganz im Verborgenen und nur um Gottes willen dargebracht werden, ohne Mitbeter und Mitwisser. Die besten Opfer sind die, die kein anderer erfährt und von niemanden gewürdigt werden. Fallen Bewunderung und Würdigung, Mitleid und Teilnahme von Menschen aus, so fehlen die Hauptmotive für gute Werke und große Opfer."

Einen Vorteil haben wir Christen da aber auf jeden Fall: unsere schwersten Werke, unsere schmerzlichsten Leiden werden von einem gesehen – und wenn Jesus sie sieht – wessen Bewunderung brauchen wir da noch?

Markus Enderle