Hauptmenü

Home/Aktuell

Inhalte nach...

Jahrgang

Veranstaltung

Kategorie

Autor

Ort

Suche

Hilfe

Statistik

Links

Copyright & Impressum

Datenschutzerklärung

Kontakt

Markus Enderle

11. September 1999

Andacht Jugendkreis, Freitag 28. September 2001

Krieg in Bosnien – ja, da war mal was

Tote in Mazedonien – da ist sogar die Bundeswehr engagiert

Attentate auf US-Botschaften in Afrika – mehr als 200 Tote, ich erinnere mich

Tote bei Kämpfen zwischen Israelis und Palästinensern in Israel – ich kann’s nicht mehr hören

200.000 Kinder, die jährlich als Ware gehandelt werden – schlimm

 

11. September 2001

Terror in New York

Angriff auf das Pentagon

Angriff auf die zivilisierte Welt

 

Fast täglich gibt es Schreckensmeldungen in den Medien, die mehr oder weniger beachtet werden – wenn ich mich anschaue muss ich sagen: eher weniger.

Aber warum war das dann am 11. September so anders? Was ist da passiert, dass mich total aus der Bahn geworfen hat? Waren all die eben genannten Ereignisse nicht schlimm genug, nicht brutal genug, um mich richtig anzurühren? Was war so anders?

Wie oft hab ich mir diese Fragen in den vergangenen Tagen schon gestellt und festgestellt, wie unglaublich schwierig es ist, da eine klare und kurze Antwort zu geben.

In den Kriegen der letzten Jahre sind sicher mehr Menschen umgekommen, als an diesem 11. September in den Vereinigten Staaten, ohne Frage – doch die Inszenierung, an der man, wenn man so wie ich vor dem Fernseher gebannt die Ereignisse verfolgt hat, war eben so unvorstellbar wie grauenvoll. Ich mag schon solche Actionfilme nicht, wo mit größter Brutalität um die Gunst der Kinogänger gebuhlt wird – und auf einmal war das, was man sich maximal in einem Science-Fiction Film vorstellen konnte, die ich grundsätzlich nicht anschaue, bittere Realität, die über meine Vorstellungskraft hinausgeht. Noch jetzt kann ich es mir nicht vorstellen, dass die beiden Türme des World Trade Centers nicht mehr existieren. Sie sind unwiederbringlich zerstört und darunter mehrere tausend Menschen, die wahrscheinlich nicht einmal identifiziert werden können, weil ihre Körper durch die unglaubliche Wucht zermalmt oder gar pulverisiert wurden.

Es ist ein Angriff auf die gesamte zivilisierte Welt – so benannte es unser Bundeskanzler. George Bush sprach von einem Angriff auf die Freiheit, was ich im ersten Moment als eine ziemlich amerikanische Aussage auffasste, aber dann feststellen musste, dass es gar nicht so falsch ist. Ein Flugzeug verkörpert die Freiheit unserer Mobilität und die Reaktion vieler Menschen zeigt dies auch: durch den Verlust des Sicherheitsgefühles sind wir in unserer internationalen Mobilität eingeschränkt: fliegen ist momentan nicht sonderlich beliebt, auch wenn es wahrscheinlich sicherer als zuvor ist.

Wie oft haben wir schon das Flugzeug als Beförderungsmittel in den Urlaub genutzt – auf jeden Fall schon so oft, um dieses Ereignis auf sich selbst und seine Freiheit zu beziehen.

Es ist ein Angriff, bei dem man fast live dabei war, das Schrecken hautnah miterleben musste – ein Angriff, der ein unsagbares Ohnmachtsgefühl aufkommen ließ – Tausende Menschen, unschuldige Menschen, sind einfach nur zur Arbeit gegangen, ihrem Alltag nachgegangen – an Orten, an denen wir auch schon waren, sei es auf dem WTC oder im Pentagon. Da sind die Bilder, die angenehmen Erinnerungen natürlich noch im Kopf und vielleicht macht es auch das noch schlimmer als es ohnehin schon ist.

Meine Gedanken gehen noch in andere Richtungen und sicher gibt es noch etliche Hintergründe, die man beleuchten müsste, um dieses Ereignis verarbeiten zu können. Ich bin nur froh, dass diese Lethargie, die ich anfangs hatte, endlich verschwunden ist – unser Leben hier lässt es nun mal nicht zu, stehen zu bleiben, es muss weitergehen, so hart das manchmal auch ist. Zurück zur Normalität – das hat man oft in den Nachrichten gehört – irgendwie paradox, zurück zu diesem Alltag, dem wir so oft und so gerne entfliehen möchten.

Aber können wir wirklich einfach zurück in unseren Alltag und uns so verhalten, als ob nichts geschehen wäre? Auch wenn dieser Anschlag in wirklich kleinster Weise nachzuvollziehen oder gar zu rechtfertigen ist – es war der Ausbruch des Hasses auf die gesamte westliche Welt, die für unzählige Ungerechtigkeiten verantwortlich ist. Arrogant und selbstgefällig nehmen wir unseren Wohlstand hin, als ob es nichts normaleres gäbe. Diesen Gedanken wurde mir sogar im Geschäft bestätigt – ohne dass ich fragen musste – „wir haben uns doch auch alles selber hart erarbeiten müssen" – „wenn die nicht immer auf der Straße rumsitzen würden, könnten die es auch zu was bringen". Ich bin nun wirklich nicht auf den Mund gefallen, aber da fiel selbst mir nichts mehr ein.

20 % aller Menschen verbrauchen 80 % der Energie – das ist nur ein einziges Beispiel; die prozentualen Verhältnisse beim sauberen Trinkwasser oder bei Lebensmitteln habe ich leider nicht, aber wir können davon ausgehen, dass das Verhältnis ähnlich ungleich ist.

Also: zurück zur Normalität, weitermachen wir bisher, mit all den Ungerechtigkeiten.

Wir sind die westliche Welt und diese Welt besteht aus Menschen, wie Du und ich. Was kann ich schon ausrichten? Ich glaube es war ein Afrikaner, der folgendes gesagt hat:

Viele kleine Dinge, die viele kleine Menschen an vielen Orten dieser Welt tun können das Bild der Welt verändern.

Diesen Willen zur Veränderung, diesen Willen in meiner kleinen Welt etwas zu einer besseren Welt beizutragen – das ist vielleicht tierisch naiv – aber das ist mir egal – das wünsche ich mir, wünsche ich uns, denn für mich wäre es das schlimmste, wenn sich nach diesen Ereignissen nichts verändern würde. Ich glaube, dass Jesus selbst aus diesem Horror Gutes entstehen lassen kann und will – wir Christen sind seine Gesandten, um ihm dabei zu helfen.

Ich möchte noch beten:

Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,

Gutes entstehen lassen kann und will.

Dafür braucht er Menschen,

die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage

soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.

Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst,

sondern allein auf ihn verlassen.

In solchem Glauben

müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind

und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden,

als mit unseren vermeintlichen Guttaten.

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist,

sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten

wartet und antwortet.

Herr Jesus, hab Dank für dieses Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer und hab Dank für Deine Ermutigung: Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber als das es schon brennte.

Herr Jesus, entfache dieses Feuer neu in uns, stärker als zuvor – gib uns Kraft aufzustehen und gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt anzugehen.

Und dann lass uns eines Tages bei Dir ankommen, müde vom Wandern und aller Belanglosigkeiten übersatt – so segne uns, treuer Gott. Amen

Markus Enderle