Hauptmenü

Home/Aktuell

Inhalte nach...

Jahrgang

Veranstaltung

Kategorie

Autor

Ort

Suche

Hilfe

Statistik

Links

Copyright & Impressum

Datenschutzerklärung

Kontakt

Albrecht Berbig

WIE begegne ich einem Bibelwort RICHTIG? 

OHNE Fragen - seltener auf Empfang?!

Applica te totum ad textum et applica textum outm ad te! (J. A. Bengel)

TUN WIRS DOCH! Mt 14, 22 ff

ABER VERFREMDET:

Ein Teil auf ENGLISCH - ein anderer auf FRANZÖSISCH - ein dritter auf LATEIN - eine vierte AG bekommt gar keinen TEXT, sondern ein BILD! (s. u. S. 2 Texte in anderen Sprachen)

1.1 A Übersetzt, so gut ihr könnt! 1.1 B Was sagt das Bild aus? Wie geht die Geschichte dazu - und was ist die Hauptsache in der Geschichte? GIB DEM BILD EINEN TITEL, D(!)einen TITEL!

1.2 Einigt euch auf einen Satz, max 15 Worte: Worum geht in dieser Geschichte?

2. AUF DEUTSCH / LÜ:

Mt 14,22-33 22 Jesus und der sinkende Petrus auf dem See

Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe. 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein. 24 Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. 25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. 26 Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor Furcht. 27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht! 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir! 31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32 Und sie traten in das Boot, und der Wind legte sich. 33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

- Welche Sätze „stipfen" dich unangenehm?

- Warum wohl?

- Welche Sätze tun di besonders gut (warum)?

2.1 Versuche möglichst viele Fragen SELBST zu klären. Wenn du keine hast:

-Was ist zB die 4. Nachtwache?

- Schlage die angegebenen Parallelstellen auf; was fällt dir auf?

- Und: Warum schreibt Matthäus diese Geschichte auf? Er hat so viele Geschichten zur Auswahl - und entscheidet sich als EINZIGER der 4 Evangelisten, die s zu berichten. Warum müssen wir diese Geschichte kennen?

3. AUF DEUTSCH / GN: Welche Fragen sind allein durch die andere Übersetzung beantwortet?

Wo sind Unterschiede? Wo Gemeinsamkeiten?

GN Mt 14,22-33 Jesus geht auf dem Wasser 22 Gleich darauf drängte Jesus die Jünger*, ins Boot zu steigen und ans andere Seeufer vorauszufahren. Er selbst wollte erst noch die Menschenmenge verabschieden. 23 Als er damit fertig war, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Als es dunkel wurde, war er immer noch dort. 24 Das Boot mit den Jüngern war inzwischen weit draußen auf dem See. Der Wind trieb ihnen die Wellen entgegen und machte ihnen schwer zu schaffen. 25 Im letzten Viertel der Nacht kam Jesus auf dem Wasser zu ihnen. 26 Als die Jünger ihn auf dem Wasser gehen sahen, erschraken sie und sagten: »Ein Gespenst!« und schrien vor Angst. 27 Sofort sprach Jesus sie an: »Faßt Mut! Ich bin's, fürchtet euch nicht!« 28 Da sagte Petrus: »Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen!« 29 »Komm!« sagte Jesus. Petrus stieg aus dem Boot, ging über das Wasser und kam zu Jesus. 30 Als er dann aber die hohen Wellen sah, bekam er Angst. Er begann zu sinken und schrie: »Hilf mir, Herr!« 31 Sofort streckte Jesus seine Hand aus, faßte Petrus und sagte: »Du hast zuwenig Vertrauen! Warum hast du gezweifelt?« 32 Dann stiegen beide ins Boot, und der Wind legte sich. 33 Die Jünger im Boot warfen sich vor Jesus nieder und riefen: »Du bist wirklich Gottes Sohn*!«

4. Weitere Hilfsmittel:

4.1 Bibellexikon?

4.2 Wer eine Bibel mit Erklärungen hat: Was wird da betont?

4.3 Kopie / BUCH: WuppStudBibel

4.4 Kopie_ Ed C Bibelkommentar

5. Weitere Fragen: - Textzusammenhang? (zB Mt 8, 23 ff - oder ist es egal, dass dies VOR unserer Geschichte war?)

6. Ergebnisse 6.1 Rundgespräch 6.2 Pantomime - und alles drin, was DIR wichtig war?

Mt 14:22-33 Et aussitôt il obligea les disciples à monter dans la barque et à le devancer sur l'autre rive, pendant qu'il renverrait les foules. Mt 14:23- Et quand il eut renvoyé les foules, il gravit la montagne, à l'écart, pour prier. Le soir venu, il était là, seul. Mt 14:24- La barque, elle, se trouvait déjà éloignée de la terre de plusieurs stades, harcelée par les vagues, car le vent était contraire. Mt 14:25- A la quatrième veille de la nuit, il vint vers eux en marchant sur la mer. Mt 14:26- Les disciples, le voyant marcher sur la mer, furent troublés : " C'est un fantôme ", disaient-ils, et pris de peur ils se mirent à crier. Mt 14:27- Mais aussitôt Jésus leur parla en disant : " Ayez confiance, c'est moi, soyez sans crainte. " Mt 14:28- Sur quoi, Pierre lui répondit : " Seigneur, si c'est bien toi, donne-moi l'ordre de venir à toi sur les eaux. " - Mt 14:29- " Viens ", dit Jésus. Et Pierre, descendant de la barque, se mit à marcher sur les eaux et vint vers Jésus. Mt 14:30- Mais, voyant le vent, il prit peur et, commençant à couler, il s'écria : " Seigneur, sauve-moi ! " Mt 14:31- Aussitôt Jésus tendit la main et le saisit, en lui disant : " Homme de peu de foi, pourquoi as-tu douté ? " Mt 14:32- Et quand ils furent montés dans la barque, le vent tomba. Mt 14:33- Ceux qui étaient dans la barque se prosternèrent devant lui, en disant : " Vraiment, tu es Fils de Dieu ! "

22 Immediately Jesus made the disciples get into the boat and go on ahead of him to the other side, while he dismissed the crowd. 23 After he had dismissed them, he went up on a mountainside by himself to pray. When evening came, he was there alone, 24 but the boat was already a considerable distance[1] from land, buffeted by the waves because the wind was against it. 25 During the fourth watch of the night Jesus went out to them, walking on the lake. 26 When the disciples saw him walking on the lake, they were terrified. "It's a ghost," they said, and cried out in fear. 27 But Jesus immediately said to them: "Take courage! It is I. Don't be afraid." 28 "Lord, if it's you," Peter replied, "tell me to come to you on the water." 29 "Come," he said. Then Peter got down out of the boat, walked on the water and came toward Jesus. 30 But when he saw the wind, he was afraid and, beginning to sink, cried out, "Lord, save me!" 31 Immediately Jesus reached out his hand and caught him. "You of little faith," he said, "why did you doubt?" 32 And when they climbed into the boat, the wind died down. 33 Then those who were in the boat worshiped him, saying, "Truly you are the Son of God."

 

xxxx Ed C zur Stelle s. u. S. 3

Edition C zu Mt 14, 22 - 33

Lukas fällt hier aus. Matthäus, Markus und Johannes erzählen parallel, und zwar jeder im Anschluss an die Speisung der Fünftausend. Daraus schlossen wir auf einen direkten Zusammenhang der Ereignisse im Leben Jesu. Warum Lukas als Berichterstatter ausfällt, können wir nicht erklären.

Mt 14,22-23: »(22) Und gleich danach zwang er die Jünger, das Boot zu besteigen und vor ihm ans jenseitige Ufer zu fahren, bis er die Menge weggeschickt hätte. (23) Und nachdem er die Menge weggeschickt hatte, stieg er allein hinauf aufs Gebirge, um zu beten. Als es aber Abend geworden war, war er allein dort.«

Liest man nur Matthäus, dann ist gerade dieser Teil des Berichts schwer verständlich. Hält man aber Joh 6,14-15 daneben, wird manches deutlicher. Das Wort: er »zwang die Jünger« klingt hart. Was bedeutet es? Haben die Jünger begriffen, dass hier ein Zeichen geschah, das an Mose und Elia erinnerte (vgl. Mt 17,3ff. !), das die Erfüllung der messianischen Prophetie in 5. Mose 18,15 anzeigte, dann musste die Ausrufung Jesu als Messias naheliegen. Sicherlich wollten die Jünger Nägel mit Köpfen machen. Genauso dachte nach Joh 6,14ff. die Menge: Jesus sei der Prophet nach 5. Mose 18,15, und sie wollten »ihn zum König machen«. Was hätte das bedeutet? Nicht weniger als einen Erfolg der Versuchung in Mt 4,8ff., wonach Jesus zum weltlichen Herrscher gemacht werden sollte - die Krone vor dem Kreuz. Die nationale Leidenschaft hätte sich mit Jesus verbunden, und schließlich hätte Jesus am Kreuz als politischer Führer gehangen, als einer, der zu Recht daran hing. Lk 23,41 wäre auf den Kopf gestellt worden. Merkwürdig, wie man auch heute mit Energie versucht, Jesus zu einem solchen politischen »König« zu machen! Sein göttlicher Auftrag reicht weit tiefer: Er wird das Lamm, das der Welt Sünde trägt. Die Schuldfrage ist zunächst wichtiger als die Machtfrage.

Jetzt verstehen wir Jesus. Er »zwang die Jünger, das Boot zu besteigen und vor ihm ans jenseitige Ufer zu fahren«, weil er nicht wollte, dass die Jünger in begeistertem Unverstand sich mit der Menge verbündeten. Sie mussten raus aus diesem falschen Festjubel und in der kühlen Nacht bei nüchterner Ruderarbeit zur Besinnung kommen. Das »jenseitige Ufer« ist das Westufer. Er wollte auch »die Menge wegschicken«. Als dies durch Worte nicht gelang, entfernte er sich von ihr (Joh 6,15). Warum berichten Matthäus und Markus davon nur in Andeutungen, die Außenstehende nicht verstanden? Folgendes könnte der Grund sein: Matthäus und Markus sind vor dem Kriegsende von 70 bzw. 73 (Masada!) n. Chr. entstanden. In der damaligen Lage wollten sie böswilligen Verdächtigungen gegen Jesus keine Nahrung geben. Johannes schrieb nach dem jüdisch -römischen Krieg und musste demnach solche Vorsicht nicht mehr walten lassen.

Jesu Reaktion auf diese Situation, die sein ganzes Erlösungswerk gefährdete, realisiert Ps 91,4, denselben Psalm, der in der Versuchungsgeschichte eine Rolle spielte: »Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln.« Er sucht nicht Menschentrost und Menschenrat, sondern die Gegenwart und die Geborgenheit des Vaters: »stieg er allein hinauf aufs Gebirge, um zu beten«. Das betreffende griechische Wort bedeutet sowohl »Berg« (so der Luthertext) als auch »Gebirge«. Gemeint ist kein bestimmter Berg, sondern das benachbarte, zum Golan gehörende Bergland über dem Ufer des Sees, wo Jesus »allein« sein konnte. Auch andernorts hören wir, dass Jesus allein in der Nacht betete, offenbar öfter auf den Bergen (vgl. Mk 1 35; Lk 6,12; Lk 9,18; wohl auch Mt 17,1; Joh 6,15). Ausdrücklich unterstreicht der Bericht die eingebrochene Dunkelheit - »Als es aber Abend geworden war« - und das Alleinsein - »war er allein dort«. Was sagen diese Bemerkungen? Wie im Johannesevangelium sind sie doppelsinnig. Dunkelheit lastet auf Jesus, äußerlich und innerlich. Die Dunkelheit ist die Stunde des Fürsten dieser Welt (Joh 3,19ff.; Joh 14,30; Lk 22,53). Jesus wird versucht, sich zum Führer des jüdischen Volkes aufzuschwingen, gegen Herodianer und Römer die Macht zu ergreifen. Aber auch die Anfechtung lastet auf ihm. Er ist »allein« im Doppelsinn. Die Jünger rudern draußen im Boot, er betet allein. Sie ließen ihn aber auch innerlich allein. Sie verstehen den Willen des Vaters noch nicht, sie kennen die Kreuzesregel nicht: Erst durch Leiden kommt man zur Herrlichkeit. Nur eins steht dem Sohn offen: die Gemeinschaft des Vaters. Im Gebet findet er Frieden, Weisung, Kraft. Bald wird er der Retter der Jünger draußen. Hier spricht der Bericht in unser eigenes Leben hinein. Wo alle Welt an uns zerrt, wo Anfechtung und Versuchung uns beschleichen und drücken, da haben wir Zuflucht bei Gott im Gebet. Dann können wir auch anderen Gefährdeten auf dem stürmischen Lebensmeer etwas bedeuten.

Mt 14,24: »Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt, gebeutelt von den Wellen, denn der Wind war ihnen entgegen.«

Der Scheinwerfer des Berichts schwenkt um und erfasst das Boot. Eine »Stadie« ist ein griechisches Längenmaß = 185 m. Wie in Mt 8,24 herrscht Sturm. Die Jünger sind in Gefahr. Nach der Formulierung »Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt« haben die Jünger bereits einen guten Teil der Strecke zurückgelegt und befinden sich etwa in Seemitte. Offenbar kam der Wind erst mit der Dunkelheit auf, was selten am See geschieht und deshalb Angst erzeugen musste. Übrigens soll von März bis Juli - also auch in der Passahzeit! vgl. Joh 6,4 - der Westwind am heftigsten wehen. Auch der Bericht spricht vom Westwind: »denn der Wind war ihnen (auf der Fahrt Richtung Westen) entgegen«. Noch einmal wird der Bericht auf fast johanneische Weise doppelsinnig. Es scheint sich die typische Situation so mancher Stunde der Kirchengeschichte abzuspiegeln: Dunkel, Sturm, Grellen, weit vom Ufer, und »der Wind war ihnen entgegen«. Jesus scheint sich nicht um sie zu kümmern. Das »Boot« der Gemeinde wird gebeutelt von den Wellen. Woher kommt unsere Hilfe?

Mt 14,25: »Aber in der vierten Nachtwache kam er zu ihnen, auf dem Meer gehend.«

Die Römer teilten die Nacht in vier Wachen ein. Die Juden rechneten meistens mit drei Nachtwachen (so z. B. Ri 7,19), selten mit vieren. Die »vierte Nachtwache« erstreckt sich von 3 bis 6 Uhr morgens. Es ist also die Zeit des anbrechenden Morgens. So lange ließ Jesus die Jünger auf seine Hilfe warten! Und doch »kam er zu ihnen«. Den Jüngern mag es über die Grenze des Zumutbaren gegangen sein. Ob wir an diesen kurzen nicht mehr Geduld und mehr Zuversicht lernen? In 1. Kor 10,13 lässt uns Gott sagen, »dass die Versuchung so ein Ende gewinne, dass ihrs könnet ertragen«.

Der Bericht des Matthäus lässt keinen Zweifel, wie Jesus zu den im Boot rudernen (vgl. Mk 6,48; Joh 6,19) Jüngern kam: »auf dem Meer gehend«. Wir sahen, dass die Jünger sich etwa in Seemitte befanden. Die Angaben in Joh 6,19, sie hätten »25 oder 30 Stadien« gerudert, stimmt damit überein. Jesus ist also nicht ein paar Meter auf dem Meer gegangen, sondern einige Kilometer. Das hebt sein Handeln weit über die gelegentlichen Phänomene hinaus, wonach medial ausgerüstete Menschen einige Meter in der Luft schweben. Jesus befindet sich auch nicht in Trance, sondern ist der Herr geblieben, der seelsorglich mit den Jüngern redet und Petrus auf die Glaubensprobe stellen kann. Woher hatte Jesus seine Macht? Die Bibel gibt der Sensationsgier nicht nach und macht keinerlei nähere Angaben. Aber es kann kein Zweifel sein, dass Jesus in derselben Macht auf dem Wasser geht, in der er die übrigen Wunder vollbracht hat. Aus der Versenkung im Gebet kommt Jesus mit dieser Vollmacht zurück. In ihm erfüllt sich leiblich - real (vgl. Kol 2,9), was in Hiob 9,8; Ps 77,20; Jes 43,16 von Gottes überlegener Schöpfermacht ausgesagt ist. Welche Wunder haben Jesu Jünger erlebt! Aber sollten wir nicht selbst die Wunder Gottes besser entdecken und ihn mehr für das preisen, was er in unserem Leben getan hat?

Mt 14,26-27: »(26) Die Jünger aber wurden von Angst gepackt, als sie ihn auf dem Meer gehen sahen. Sie sagten: Ein Gespenst ist es! Und schrien vor Furcht. (27) Aber Jesus sprach sie sofort an und sagte: Seid getrost! Ich bin's. Fürchtet euch nicht.«

Wäre unsere Erzählung erdichtet, dann hätte der Evangelist die Jünger wohl kaum sagen lassen: »Ein Gespenst ist es!« Aber der Evangelist berichtet völlig nüchtern und wahrheitsgemäß. Das griechische Wort für »Gespenst« meint eine Erscheinung, die entweder aus der Halluzination stammen oder ein Geistwesen darstellen kann (vgl. Lk 24,37; Apg 12,15). Die Jünger rechneten nicht mit dem wirklichen Jesus. Die Vorstellung, er könne »auf dem Meer gehen«, lag ihnen völlig fern. Daher Furcht und Angst und ihr Schreien. Obwohl Markus den Vorgang etwas ausführlicher darstellt, notiert er in Übereinstimmung mit Mt 14,27, dass Jesus »sofort« auf die Angst der Jünger reagierte (vgl. Mk 6,50). »Wenn die Stunden sich gefunden, bricht die Hilf' mit Macht herein.« Als Erstes sprach Jesus ein Trostwort. Vgl. Mt 14,27; Mk 6,50; Joh 6,20. Es handelt sich hier um eines der schönsten Trostworte der Bibel überhaupt: »Seid getrost! Ich bin's, Fürchtet euch nicht!« Wie oft wird den Zagenden und Zweifelnden, den Gedemütigten und Armen im Geist diese göttliche Ermutigung zugerufen: »Sei getrost!« Z. B. dem Josua, der der Nachfolger eines Riesen in der Geschichte (Mose) werden sollte.

Dem, wie wir sagen würden, diese Stiefel viel zu groß sind. Dem die technisch überlegenen und militärisch hochgerüsteten Kanaanäer viel zu stark vorkommen, als dass er sie schlagen könnte (vgl. Jos 1,6-7-9). Oder dem bedrängten, scheinbar verlorenen Hiskia (Jes 37,6; vgl. Jes 43,1). Oder dem von Schiffbruch und Tod bedrohten Paulus (Apg 27,24). »Fürchtet euch nicht!« Das gilt auch uns, die wir die Verfolgungen des 20. Jh.s miterleben oder die bevorstehende Trübsal fürchten oder daran sind, in unserem Zeugendienst entmutigt zu werden. »Fürchtet euch nicht«: das gilt den Kranken, den von übermächtigen Gegnern und Mächten Bedrohten. Warum sollen sich die Jünger nicht fürchten? »Ich bin's«, sagt der Herr. Das erinnert an die Johanneischen Ich -bin -Worte. Wenn Jesus als der barmherzige Heiland nahe ist, dann gibt es keinen Grund mehr, sich zu fürchten. Er war es damals wirklich und leibhaftig. Und wirklich und leibhaftig ist der Auferstandene heute noch bei den Seinen, wenn auch mit dem verwandelten, neuen, unsichtbaren Leib. In den dämmernden, zwielichtigen Morgen auf dem See kommt mit diesem Wort eine wunderbare Klarheit. In die chaotische Sturm- und Wasserwelt kommt Ruhe. Das Vertrauen der Jünger bekommt einen Anker. So zeigt uns Matthäus aus seiner eigenen Erfahrung den helfenden Messias und Gottessohn.

Mt 14,28-32: »(28) Da begann Petrus zu sprechen und sagte zu ihm: Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, über das Wasser zu dir zu kommen. (29) Er sagte: Komm! Und Petrus stieg über die Bootswand hinab und ging auf dem Wasser und kam zu Jesus. (30) Als er aber den Wind sah, packte ihn die Furcht, und während er zu sinken begann, schrie er: Herr, rette mich! (31) Sogleich aber streckte Jesus die Hand aus und ergriff ihn und sagt zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? (32) Und als sie in das Boot stiegen, legte sich der Wind«.

Nur bei Matthäus finden wir diesen Bericht über Petrus. Offenbar bewahren alle Apostel und Evangelisten Zurückhaltung bei Ereignissen, in denen ein bestimmter Jünger im Mittelpunkt steht bzw. herausgehoben ist. Deshalb nennt sich z. B. Johannes nur selten direkt. Vermutlich schreibt Matthäus deshalb über Petrus, weil er als der Lehrer unter den Evangelisten hier wieder den großen und den kleinen Glauben darlegen konnte. »Da begann Petrus zu sprechen und sagte zu ihm«: Das Wort, das im Luthertext durch »antwortete ihm« wiedergegeben ist, drückt in der Ursprache Jesu eigentlich den Beginn des Sprechens aus. Deshalb übersetzen wir mit »begann zu sprechen«. Was Petrus sagt, bestätigt das Wunder. Er hat durch die Erkenntnis des wunderbaren Handelns Jesu so viel Mut gefasst, dass er nun meint, dasselbe tun zu können: »Herr, wenn du es bist, dann befiehl mir, über das Wasser zu dir zu kommen.« In diesem Wort liegt eine Wahrheit, die wir nicht überlesen sollten. Diese Wahrheit steckt in dem »dann befiehl mir». Petrus springt nicht einfach ins Wasser. Er will es nur auf Jesu Wort hin tun (vgl. Lk 5,5). Deshalb konnte er auch tatsächlich »über das Wasser kommen«. Wenn wir ein sicheres Wort Jesu haben, können wir alles tun.

Und Jesus befiehlt, was Petrus wünscht: »Komm!« Warum? Jesus gehört nicht zu denen, die leicht beeinflussbar sind. Gerade nach dem langen und innigen Gespräch mit dem Vater lebt (V. 23) und handelt Jesus ganz in der Einheit mit dem Vater. Er wusste also, was mit Petrus geschehen würde. Aber er will Petrus etwas zeigen, was dieser offenbar nur durch praktische Erfahrung begreifen kann. Und zugleich prägt er den Jüngern etwas unauslöschlich ein. Jesus ist nicht nur ein unübertrefflicher Seelsorger, sondern auch ein unübertrefflicher Pädagoge. »Petrus stieg über die Bootswand hinab«: Wie entschlossen ist dieser Mann! Er fing nicht nur an zu sprechen, sondern er fing auch an zu handeln. Petrus warf tatsächlich auf Jesu Wort hin das Netz nochmals aus (Lk 5,5). Er ist's, der bereit war, für Jesus zu sterben (Lk 22,33). Er folgte Jesus nach in des Hohenpriesters Palast, er zog in Gethsemane das Schwert (Joh 18,10-15ff.). Er muss während der Jahre mit Jesus ein leidenschaftlicher und schneller Mann gewesen sein. Die frühesten Bildnisse in Rom aber zeigen ihn milder und stiller. Dieser Petrus hat ja bitter lernen müssen, dass es mit unserer menschlichen Kraft nichts ist. Er steht nicht nur als Sprecher der Jünger vor uns, sondern auch als Verleugner Jesu, als der gescholtene Missionar, als Flüchtling, als knapp dem Tode Entronnener (Gal 2,11ff.; Apg 12,3ff.).

In diesen lebenslangen Lerngang des Petrus gehört auch das hier beschriebene Ereignis hinein. Alles fängt gut an: er »ging auf dem Wasser und kam zu Jesus«. Doch das Ende sieht anders aus. Warum? »Als er aber den Wind sah, packte ihn die Furcht.« Solange er auf Jesus hört, kann er über die Elemente schreiten, ist er Sturm und Wellen überlegen. Solange er auf Jesus sieht, hat er Glauben und Kraft. In dem Moment aber, wo der Wind ihm Jesu Bild verwischt, »begann er zu sinken«. Ist das nicht ein Urbild unseres Lebens? Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen, sagt David in Ps 18,30. Als aber die Kundschafter Israels die Riesen sahen, da verzagte ihr Herz (4. Mose 13,27ff.). Solange wir in Jesu gegründet sind, können wir den Stürmen des Lebens trotzen. Aber wenn unser Blick fasziniert ist durch andere Mächte, dann werden wir schwankend und verlieren den Boden unter den Füßen. So ist es Petrus gegangen: Da »packte ihn die Furcht« an Stelle des Vertrauens. Und doch bleibt dieser Petrus in einem vorbildlich: »Während er zu sinken begann, schrie er: Herr, rette mich!« So viel können wir auch: Während des Sinkens zum Herrn schreien. Da wird blitzartig klar, dass eigene Kunst und Kraft überhaupt nichts fertig bringt. Petrus beißt auch nicht in Einbildung und Trotz die Zähne aufeinander, um es selbst zu schaffen. Nein, er sieht die Situation völlig klar: »Herr, rette mich!« Übrigens ist dieses Wort doppelsinnig. Es gilt ja auch in Bezug auf das Versinken in Sünde, nicht bloß auf das Versinken in Schwachheit.

»Sogleich aber streckte Jesus die Hand aus und ergriff ihn.« Schon einmal (V. 27) begegnete uns das »sofort« des helfenden Messias. Für Jesus ist es nur ein Griff, um endgültig zu helfen. So mächtig zieht uns Jesus heute noch aus Schwachheit und Sünde heraus. Aber er muss Petrus eine Frage stellen: »Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?« Schon zum dritten Mal begegnet uns der Begriff »Kleingläubiger«. Wir werden ihm noch öfter begegnen (vgl. Mt 6,30; Mt 18,26; Mt 14,31; Mt 16,8; Mt 17,20; sodann Mt 28,17). Zu Mt 6,30 ist er näher erklärt. Hier bezieht sich Jesus darauf, dass Petrus die Elemente für wichtiger hält als ihn, den Herrn. Das erhellt auch, was mit dem »zweifeln« gemeint ist. Wenn ein Jünger an der Macht und Gegenwart Jesu zweifelt, ist das sicherlich Sünde. Die Sünde ist geringer, wenn ein noch Ungläubiger erst zögernd zum Glauben findet. Wo sich aber Zweifel an der eigenen Selbstgerechtigkeit oder Zweifel an sog. Wahrheiten regt, die nicht von Gott stammen, da ist der Zweifel begrüßenswert und hilfreich. In dieser Hinsicht kann der Zweifel auch fruchtbar für die Forschung sein. Doch wie gesagt - hier meint es Jesus im Blick auf den Vertrauensmangel. Wie oft hat der Herr in unserem Leben schon Grund gehabt zu dieser Frage: »Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?« »Und als sie in das Boot stiegen, legte sich der Wind«, erzählt Matthäus knapp. Hier bedurfte es nicht einmal eines ausdrücklichen Wortes Jesu. Seine Gegenwart und sein Wille allein schaffen Rettung aus der Not und Ruhe für die Elemente.

Mt 14,33: »Aber die Männer im Boot fielen vor ihm nieder und sagten: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn.

Was wir zusammen mit dem Luthertext übersetzten: »fielen vor ihm nieder«, könnte auch so übersetzt werden: »beteten ihn an«. Der Ausdruck »Gottes Sohn« erinnert an Ps 2,7. So haben die Dämonen Jesus noch vor den Jüngern bezeichnet (Mt 8,29; Lk 4,41). In Mt 16,16 wird Petrus diese Bezeichnung in seinem Bekenntnis noch feierlicher aussprechen (vgl. auch Mt 26,63; Mt 27,54; Joh 1,49; Joh 6,69; Gal 1,15ff.). In dem Wort »wahrhaftig« kommt die tiefe Ergriffenheit des Augenblicks zum Ausdruck. Wo liegt der Unterschied zum Messiasbekenntnis des Petrus in Mt 16,16? In Mt 16,16 haben wir wirklich ein Bekenntnis vor uns, eine gegründete, durchkämpfte, durchlittene Überzeugung als Summe aller bisherigen Erkenntnisse. Mt 14,33 ist ein Schritt auf diesem Wege. Aber eben nur ein Schritt. Augenblickserkenntnisse können vergehen. Sie sind noch nicht die Erkenntnis, die Jesus will. So ist auch in unserem Leben blitzartige Erkenntnis öfter da. Aber sie will zum Bekenntnis werden, für das wir leben und sterben können.

Mt 6,30: »Wenn aber Gott die Pflanze auf dem Feld, die heute ist und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet - sollte er dann nicht viel mehr euch kleiden, ihr Kleingläubigen?« Wiederum ermutigt Jesus seine Jünger zum Vertrauen auf den allmächtigen Vater. Doch muss man hier zweimal lesen, um den Sinn ganz zu erfassen. Er stellt nicht nur den Menschen wie in V. 26 als höchstes Geschöpf der niederen Pflanze gegenüber, sondern verbindet damit eine geheimnisvolle Andeutung. Die »Lilie« zählt zu den »Pflanzen des Feldes«. Diese wurden bei der Ernte mitgemäht und neben den Garben in Bündeln zusammengefasst. Sie wurden später getrocknet und wie das Unkraut von Mt 13,30 im holzarmen Palästina als Brennmaterial für den »Ofen« in der kalten Jahreszeit - ein Kaminfeuer - verwandt. Vom Ende her gesehen ist also die schöne Lilie nur Brennmaterial. Die Jünger Jesu aber haben unvergängliches Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Darum die am Gegensatz entzündete Frage Jesu: »Sollte er dann nicht viel mehr euch kleiden, ihr Kleingläubigen?« Die Fürsorge Gottes ist also in doppelter Hinsicht viel größer: 1. weil es um Menschen geht, 2. weil es um ewig lebende Kinder Gottes geht. »Kleingläubige« (so auch im Urtext ganz wörtlich) hat Jesus seine Jünger gelegentlich genannt. Matthäus ist dieser Ausdruck besonders wichtig geworden, und so hat er ihn am häufigsten überliefert (Mt 6,30; Mt 8,26; Mt 14,31; Mt 16,8; Kleinglaube 17,20). Kleingläubig sein heißt: Gott wenig zutrauen. Der Gegensatz ist der »große Glaube« von Mt 8,10; Mt 15,28. Dieser große Glaube traut Gott viel zu, sogar gegen den Augenschein. Wir müssen jedoch beachten, dass bergeversetzender Glaube nach 1. Kor 12,9; 1. Kor 13,2 eine besondere Geistesgabe ist. Das macht uns barmherzig gegenüber Kleingläubigen und »Kleinseeligen« (so 1. Thess 5,14).

Albrecht Berbig